Heute ist die erste „richtige“ Etappe der Hardangervidda-Durchquerung, und die hat es gleich in sich. Für die Etappe von Finse nach Rembesdalseter sind gute 8 Stunden veranschlagt, aber einen Teil davon haben wir ja bereits am Vortag gemeistert. Allerdings planen wir mit etwas Voraussicht: Der dritte Tag ist der längste von allen und man kann wegen Sumpfgebiet nicht unterwegs zelten, muss also bis Liseth laufen. Wir wollen diese Etappe humaner gestalten indem wir dafür am zweiten Tag schon etwas weiter gehen. Ambitioniertes Programm für den Anfang, aber wahrscheinlich gut so.
Los gehts also am frühen Morgen, obwohl wir gerade erst gestartet sind habe ich schon jeglichen Zeitsinn verloren. Nachts wird es auch im August fast nicht komplett dunkel, es dämmert abends sehr lange und fängt auch früh morgens wieder an. Die erste Nacht im Zelt war eigentlich ganz angenehm, die Geräusche des Windes waren etwas gewöhnungsbedürftig, ich habe trotzdem gut geschlafen. Frühstück und Abbau sind noch nicht ganz durchgetakten, wir brauchen ziemlich lang bis wir tatsächlich loslaufen, aber das macht nichts. Entgegen unserer Erwartungen dauert der Aufstieg zur Paßhöhe doch länger als gedacht, zum Glück haben wir nicht noch am Vorabend versucht sie zu erreichen. Oben ist es sehr kalt, der Wind treibt die Luft direkt vom Gletscher runter. Zum ersten mal erahnt man die unglaublich Weitläufigkeit der Gegend, nach Süden sieht man bis zum Horizont nichts außer Gebirgslandschaft, links von uns ist der Hardangerjokulen unser ständiger Begleiter. Ein Gletscher auf 1.500m Höhe kommt uns sehr ungewöhnlich vor, in den Alpen muss man schon fast doppelt so hoch sein um auf ewiges Eis zu treffen. Der Weg schlängelt sich entlang an vielen kleinen und größeren Seen, es geht ständig auf und ab und es ist kalt. Ich bin froh als die Gletscherzunge am Ramnabergvatnet hinter den Bergen verschwindet und endlich der eisige Wind etwas aufhört.
So richtig gewöhnt habe ich mich noch nicht an den Rucksack, die Schultern sind verspannt und es will sich kein gemütliches Tragegefühl einstellen. Immerhin muss man jeden Tag weniger Proviant tragen, es kann also nur besser werden. So laufen wir also immer weiter und erreichen kurz vor Rembesdalseter die erste schwierige Stelle der Tour: Es geht steil bergab über teils sehr rutschige Felsplatten Richtung Fossavatnet. Zum Glück hat es heute nicht geregnet, denn die moosig-feuchten Stellen sind glatt wie Schmierseife. Danach geht es auf einem kaum erkennbaren Pfad noch steiler bergab zur DNT-Hütte Rembesdalseter. Kurz vor der Hütte ist ein kleiner See an dem man perfekt zelten kann. Wir sind kaputt und alle Muskeln schreien nach einer Pause, doch es ist eigentlich noch zu früh und wir wollten ja heute noch ein paar Kilometer der morgigen Tour schaffen. Nach kurzer Diskussion beschließen wir also weiterzugehen. An der DNT-Hütte treffen wir den Wirt und unterhalten uns kurz mit ihm. Auch er findet es eine gute Idee die morgige Tour ein bisschen zu verkürzen und erklärt uns nochmal den Weg. In der Ferne sehen wir einen großen Wasserfall der direkt aus einer Gletscherzunge gespeist wird. Dort müssten wir hin sagt der Wirt, und oberhalb durch den Fluß waten da das Wasser zu hoch steht um trocken Fußes durchzukommen. Mit diesen Aussichten machen wir uns also wieder auf den Weg.
Der Plan ist den Aufstieg vom Stausee noch heute zu schaffen und oberhalb am Moldnuten zu übernachten. Laut Karte dauert das 1,5h was gut machbar sein sollte, denken wir uns zumindest. In Wirklichkeit dauert allein der Weg von Rembesdalseter zurm Fuß des Aufstiegs über eine Stunde, der Weg ist dort so schlecht das man schlicht nicht schneller vorankommt und es geht ständig auf und ab.Nach den ersten hundert Höhenmetern erreichen wir dann die Stelle die der Wirt meinte: Der eiskalte Gletscherbach kreuzt den Weg. Es gibt zwar eine wacklige Sommerbrücke, aber die überspannt nur die zweite Hälfte des Bachs, die erste müssen wir durchwaten und der Fluß ist tief und reißend. Wir suchen eine geeignete Stelle und versuchen es zunächst weiter Richtung Gletscher da es dort zwar weitläufiger aber weniger reißend aussieht. Den Versuch müssen wir aber abbrechen als wir eine unpassierbare Stelle erreichen. Also gehen wir wieder zurück und durchqueren den Bach direkt an der Sommerbrücke, es geht dann doch recht gut. Von oben herab kommt eine große Gruppe von Pfadfindern aus Deutschland die wir an der Brücke erstmal passieren lassen müssen, so können wir nochmal pausieren bevor der Aufstieg weiter geht. Doch dann schlägt ziemlich schnell das Wetter um. Das Tal unter uns füllt sich plötzlich mit Regenwolken die immer höher steigen und ordentlich abregnen. Wir beeilen uns um den Aufstieg noch zu schaffen, doch müssen unterwegs feststellen dass das nichts wird da auch die Sicht immer schlechter wird. Um nicht alles im Regen aufbauen zu müssen nehmen wir den erstbesten Zeltplatz direkt am Weg in Beschlag. Eigentlich ein ziemlich guter Platz mit fantastischem Blick auf den Gletscher, leider sehen wir nichts da wir nun komplett von Wolken umgeben sind. Der Regen wird stärker, wir verziehen uns ins Zelt und beenden unseren ersten kompletten Tag.
Heute war sehr anstrengend, das Rucksackgewicht macht mir zu schaffen und die Strecke war, zumindest für den Anfang, weit. Der Weg war schön, vorallem durch die Nähe zum Gletscher, aber es war teilweise sehr kalt und der Regen am Schluß hätte auch nicht unbedingt sein müssen. Wir sind stolz die Etappe wie geplant geschafft zu haben und sehen dem nächsten Tag etwas entspannter entgegen, da wir schon einiges vom Weg bis Liseth (bzw. zum Campingplatz Garen) geschafft haben.
Vorherige Etappe — Nächste Etappe
Hallo ihr zwei!
Wie ich in der Vorbereitung gelesen habe konnten wir Euch mit unserem Bericht über die Vidda super weiterhelfen! Das freut uns natürich, denn genau dafür ist der Blog gedacht! 🙂
Interessant ist auch, dass Ihr genau die gleichen Erfahrungen gemacht habt wie wir. Da tuen mir nur vom Lesen die Beine weh… 😀
Grüße aus der Pfalz und weiterhin frohe Touren! 🙂
nico